Christen in der autonomen Region Kurdistan

DER STANDARD veröffentlichte einen Interessanten Artikel über irakische Christen in der Autonomen Region Kurdistan. Im Unterschied zu z.B. Bagdad oder Mosul sind dort die Christen unter kurdischer Kontrolle relativ sicher vor islamistischem Terror, was zu einem starken Zuzug von Christen aus anderen Landesteilen geführt hat. Es hat den Anschein als ob sich die christliche Präsenz unter kurdischer Kontrolle zunehmend konsolidieren würde. Vor diesem Hintergrund erhalten sogar Bestrebungen nach einem eigenen assyrischen Autonomiegebiet in der Ninawa-Ebene Auftrieb. Unterdessen existiert auch eine christliche Miliz, die mit den kurdischen Sicherheitskräften zusammenarbeitet.
Die tausenden Flüchtlinge belasten die Staatskassa, und es droht der Zorn islamischer Extremisten. Laut Bischof Warda nimmt Barzani sie dennoch mit Großzügigkeit auf, gewährt ihnen Wohn- und Arbeitsrecht und nötigenfalls auch Sozialhilfe.
Doch die Verfolgung hat auch radikalere Ideen hervorgebracht: Intellektuelle treffen sich in konspirativen Gruppen und entwickeln so etwas wie einen christlichen Zionismus. Was Israel für die Juden, ist in ihren Augen der Irak: das historische Heimatland. Die Idee ist wohl schon ziemlich weit gediehen. Es gibt Kundgebungen, White Papers, Arbeitskreise, sogar eine Miliz. In der volatilen Region Ninive bilden Ex-Offiziere junge Freiwillige aus. Es schwebe ihnen eine Art "Christian Special Forces" vor, erläutert ein Sympathisant.
Die Idee eines christlichen Staates klingt abstrus; doch sie ist nicht gänzlich unfundiert. Die kurdische Verfassung, die nächstes Jahr zur Abstimmung gelangen soll, enthält die Möglichkeit autonomer Subregionen. Flüchten, standhalten oder gar einen eigenen Staat gründen? 
Die Umsetzung solcher Autonomiebestrebungen bleibt unrealistisch. Die Ninawa-Ebene mit ihrer assyrisch-christlichen Bevölkerungsmehrheit untersteht nicht der Jurisdition des KRG (Kurdish Regional Government), sondern  gehört formell zur Provinz Mosul. Außerdem ist eine wirkliche kurdische Unterstützung, die eine Grundvoraussetzung  für derartige Autonomiebestrebungen darstellt, unwahrscheinlich, da sie den eigenen Einfluss schwächen würde (link). 

"Irakische Christen finden im kurdischen Norden eine neue Heimat" von Cheryl Bernard, DER STANDARD.

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