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Israel und die Golan-Drusen: 50 Jahre Provisorium

Dieser Artikel erschien leicht gekürzt bei Alsharq im Rahmen einer hochinteressanten Serie anlässlich 50 Jahre Sechstagekrieg.



Mit den Golanhöhen eroberte Israel 1967 auch fünf drusische[1] Dörfer. Die unterdessen rund 20 000 Golan-Drusen haben die israelische Staatsbürgerschaft trotz erheblichem Druck mehrheitlich nicht angenommen und leben seit 50 Jahren in einem Provisorium zwischen Syrien und Israel. Sie konnten zwar die israelische Annexion nicht verhindern, dafür aber durchsetzen, die israelische Staatsbürgerschaft nicht annehmen zu müssen. In den 50 Jahren unter israelischer Kontrolle waren die Golan-Drusen stets bedacht, den Kontakt nach Syrien aufrecht zu erhalten und gleichzeitig den eigenen Widerstand gegen die Besatzung zu demonstrieren. Der Bürgerkrieg im Mutterland Syrien ändert nun aber die Situation der Golan-Drusen grundlegend.

Vor dem gewonnen Sechstagekrieg 1967 hatten die Golan-Drusen nie einen großen Stellenwert in den strategischen Überlegungen der damaligen politischen Eliten Israels gespielt. Die Drusen innerhalb der israelischen Grenzen waren zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgreich kooptiert und leisteten seit den 1950er Jahren als einzige nicht-jüdische Bevölkerungsgruppe verpflichtend den Wehrdienst ab. In Jerusalem interessierte man sich aber bereits seit der Zeit vor der Staatsgründung besonders für die Drusen im südsyrischen Jabal al-Druz, die bis heute mit Abstand zahlenmäßig größte drusische Bevölkerung im Nahen Osten - mehr als im Libanon oder Israel insgesamt.[2] Von dort war Mitte der 1920er Jahre eine zweijährige Revolte ausgegangen, die die französische Kolonialmacht an den Rand einer Niederlage in Syrien gebracht hatte. Später waren es neben Alawiten auch besonders drusische Militärs, die die Machtübernahme des militärischen Zweiges der Baath-Partei in Syrien ermöglichten. Erst 1966, ein Jahr vor dem Sechstagekrieg, versuchten drusische Offiziere aus dem Jabal al-Druz erfolglos gegen die alawitische Führung zu putschen. Kurzum, die Drusen im Jabal al-Druz waren 1967 durchaus als potentieller militärischer Faktor in Überlegungen von Teilen der israelischen Führung, zum Beispiel bei Vizepremier Yigal Allon, präsent.
Mit den Drusen auf den Golanhöhen (korrekt müsste es heißen den Golanhöhen und dem Hermon) hatten die Israelis vor 1967 nicht viele Berührungspunkte gehabt. Die relativ kleinen Dörfer in großer Höhe waren eine vernachlässigbare Größe. Außerdem machten die Drusen stets nur einen kleinen Teil der Bevölkerung an der israelisch-syrischen Waffenstillstandslinie aus. Die überwiegende Mehrheit war arabisch-sunnitisch, mit (sunnitisch-) tscherkessischen und turkmenischen, christlichen, alawitischen sowie eben auch drusischen Minderheiten.

1967 änderte sich die Lage grundlegend. Mit dem durch Israel gewonnenen Territorium befanden sich nun fünf überwiegend bis ausschließlich von Drusen bewohnte syrische Dörfer unter israelischer Kontrolle. Die israelische Führung entschied, ähnlich wie 1948 in Israel selbst, die Drusen anders zu behandeln als den Rest der syrischen Bevölkerung. Die israelische Politik ging von der Annahme aus, dass die Drusen auf dem Golan eine ähnliche Loyalität dem Staat Israel gegenüber entwickeln würden, wie ihre Glaubensgenossen in Galiläa und auf dem Karmel. Die israelische Armee (IDF = Israeli Defence Forces) erlaubte nur den Bewohnern der drusischen Dörfer (Majdal Shams, Mas‘ada, Buq‘ata, ‘Ain Qinya und Shaita) sowie des alawitischen Dorfes Ghajar in ihrer Heimat zu bleiben, die nicht-drusische Mehrheit floh oder wurde vertrieben. Der Narrativ, dass nur die Drusen, aufgrund ihrer traditionellen Verbundenheit mit dem Land auf dem sie leben, in ihren Dörfern geblieben sind, erweist sich im Fall des Golan als unhaltbar. Auch Teile der nicht-drusischen Bevölkerung harrten während der Kriegsereignisse am Golan aus, wurden aber, durch die IDF vertrieben.

Anders als in Israel selbst, wo alle drusischen Dörfer nach dem Unabhängigkeitskrieg 1948 fortbestanden, zerstörte die IDF nachträglich das drusische Dorf Shaita und konfiszierte dessen gesamten Landbesitz. Die Bewohner wurden auf die anderen drusischen Dörfer des Golan aufgeteilt. Das Leben der Golan-Drusen unter israelischer Kontrolle verlief also von Beginn an alles andere als reibungslos.

Versuche einer Integration

Gleich nach der Besetzung durch die IDF wurde israelisches Recht auf dem besetzten Golan eingeführt, sowie eine Militärverwaltung eingesetzt. Die israelische Militärverwaltung setzte auch die unter syrischer Herrschaft gewählten Bürgermeister ab. In der Folge scheiterten die Versuche, Gemeinderäte einzurichten und die traditionellen Eliten zu kooptieren beziehungsweise neue israelfreundliche Eliten zu schaffen. Lediglich weniger prominente Bewohner erklärten sich zur Zusammenarbeit mit den israelischen Behörden bereit.

Die Politik Israels versuchte aktiv die Golan-Drusen in die israelische Gesellschaft zu integrieren, speziell in die drusische Gemeinschaft in Israel. Diese Bemühungen schlugen jedoch ebenfalls fehl. Die Drusen auf dem Golan begriffen sich als Teil der syrischen Nation und des unabhängigen syrischen Staates, dem sie vor der israelischen Besetzung 1967 (die Annexion erfolgte erst 1981) 21 Jahre lang angehört hatten. Anders als die Drusen in Israel sind die Drusen auf dem Golan nie isoliert gewesen, sondern waren Teil der viel größeren drusischen Gemeinschaft in Syrien, wo fast jeder Golandruse Verwandte hat. Das Verhältnis mit den Drusen in Israel ist hingegen seit jeher eher kühl.

1972 hoben die israelischen Sicherheitskräfte mehrere Spionagezellen aus. Unter den Festgenommenen befand sich auch Kamal al-Kanj, damals einer der einflussreichsten Würdenträger unter den Golan-Drusen. Die Festnahme von al-Kanj stand in Zusammenhang mit dem Plan der Errichtung eines drusischen Pufferstaates. Der israelische Vizepremierminister Yigal Allon verfolgte diesen Plan mit großem Engagement. Der „Allon-Plan“ sah unter anderen, das Westjordanland betreffenden Punkten, eine drusische Republik vor, an die auch libanesische Gebiete und das südsyrische Jabal al-Druz angeschlossen werden sollten. Kamal al-Kanj, dessen Einstellung zu Israel schon 1948 nicht völlig klar gewesen war, sollte eine Schlüsselfigur bei der Umsetzung des „Allon-Plans“ sein. Kanj signalisierte nicht nur seine Zustimmung, sondern arbeitete auch aktiv mit Allon und dem israelischen Geheimdienst zusammen. Über einen Mittelsmann gab al-Kanj den „Allon-Plan“ aber an den libanesischen Drusenfüherer Kamal Junblat weiter, womit diese Option vom Tisch war.  Es bleibt zweifelhaft, ob die israelische Regierung jemals ernsthaft einen drusischen Pufferstaat in Betracht gezogen hat.

Annexion und Widerstand

1977 gewann der Likud die Wahlen zur Knesset und Menachem Begin wurde der erste revisionistische, offen von einem Großisrael träumende, Premierminister Israels. Die neue Regierung verfolgte von Anfang an den Plan einer Annexion des Golan, die sollte auf das Drängen der lokalen Bevölkerung hin erfolgen. Den Willen, Teil des jüdischen Staates zu werden, sollten die Golan-Drusen durch massenhaftes Ansuchen auf israelische Staatsbürgerschaft bekunden.

Im März 1981 berief die religiöse Führung der Golan-Drusen, auch auf Druck von politischen Aktivisten innerhalb der Gemeinschaft, eine Versammlung ein. Bei der Versammlung wurde beschlossen, einen sozialen und religiösen Bann über jedes Mitglied der Gemeinschaft zu verhängen, dass die israelische Staatsbürgerschaft annimmt. In der Folge stoppten die Anträge auf die israelische Staatsbürgerschaft und diejenigen, die sich bereits beworben hatten, zogen mehrheitlich ihre Anträge zurück.

Der besetzte Golan wurde am 14. Dezember 1981 per Gesetz annektiert, was einen dreitägigen Generalstreik von Seiten der Golan-Drusen zur Folge hatte. Die Lage eskalierte endgültig im Februar 1982 nach der Festnahme von mindestens vier Führungspersönlichkeiten der Golan-Drusen. Daraufhin riefen die Golan-Drusen wieder einen Generalstreik aus – er sollte diesmal über fünf Monate dauern. Die israelische Regierung mit Verteidigungsminister Ariel Sharon reagierte mit einer Kollektivstrafe: Sie verhängte über die vier drusischen Dörfer eine totale Blockade. Für die Bevölkerung bedeutete die Blockade, dass es weder Transportmöglichkeiten, noch Nahrungsmittel- und Medikamentenlieferungen gab. Zusätzlich wurden die Dörfer von den Wasser- und Elektrizitätsleitungen abgeschnitten. Die IDF wollte auch den Austausch zwischen den Dörfern verhindern, was jedoch nicht vollständig gelang. Demonstrationen fanden während des Streiks häufig statt, wovon manche gewalttätig und sogar mit Todesopfern endeten.

Am 1. April 1982 erklärten die israelischen Behörden den Golan offiziell zum Sperrgebiet und verhängten eine Ausgangssperre rund um die Uhr. Israelische Soldaten gingen von Haus zu Haus und händigten israelische Personalausweise aus, in denen die israelische Staatsbürgerschaft vermerkt war. Dieser Versuch, die Golan-Drusen zur Annahme der israelischen Staatsbürgerschaft zu zwingen, scheiterte und die Personalausweise wurden einfach kollektiv auf die Straße geworfen. Am 5. April 1982 zog sich die IDF wieder zurück und die Blockade wurde gelockert. Vom Vorhaben, die Golan-Drusen zur Annahme der Staatsbürgerschaft zu zwingen, sah die Regierung ab und stimmte einem Kompromiss zu. Die Mehrheit der Golan-Drusen von über 90 Prozent, die die Staatsbürgerschaft nicht angenommen hatte, wird von Israel seitdem als residents of Israel und nicht als Staatsbürger angesehen, vergleichbar mit der Situation der arabischen Bewohner von Ost-Jerusalem. Das Problem der Staatsbürgerschaft der Golan-Drusen blieb allerdings weiter ungeklärt. Teile des Kompromisses der Golan-Drusen mit der israelischen Regierung beinhalteten unter anderem auch die Garantie der Möglichkeit von Reisen nach Syrien, sowie die Sicherstellung des Landbesitzes und der Wasserressourcen. Die israelische Seite hielt sich jedoch häufig nicht an die vereinbarten Verpflichtungen.  

Der Streik der Golan-Drusen war eine erfolgreiche Art weitgehend gewaltfreien Widerstands. Selbst als sich die Anführer in israelischer Haft befanden, brach der Widerstand nicht zusammen. Für den Erfolg ausschlaggebend war die Geschlossenheit der Gemeinschaft, wodurch sowohl die Solidarität als auch wirksame soziale Kontrollmechanismen aufrechterhalten wurden.

Modus Vivendi

Die drusischen Dörfer auf dem Golan leben traditionell von der Landwirtschaft, wobei besonders der Anbau von Äpfeln dominiert. Eine Ausnahmegenehmigung erlaubte es seit 2004, die jährliche Apfelernte direkt nach Syrien zu verkaufen, wo sie einen höheren Preis als auf dem israelischen Markt erzielt. Syrien konnte so mit Billigung Israels die Golan-Drusen wirtschaftlich unterstützen. Die israelische Regierung erlaubte Golan-Drusen außerdem selektiv, in Syrien zu studieren sowie das Land aus religiösen oder familiären Gründen zu besuchen. Export, Studienaufenthalte und Reisen trugen dazu bei, dass eine starke Bindung an Syrien bestehen blieb.

Der Widerstand gegen Israel wird überwiegend durch Demonstrationen ausgedrückt, äußert sich aber nicht ausschließlich friedlich. Mitte der 1980er Jahre bildeten sich Zellen von Saboteuren, die kleinere Anschläge auf israelische Militäreinrichtungen auf dem Golan verübten. Obwohl der Großteil der Saboteure relativ schnell von den israelischen Sicherheitsdiensten gefasst wurde, blieben andere Zellen weiter aktiv. In der jüngeren Vergangenheit haben israelische Sicherheitsbehörden Golan-Drusen unter dem Vorwurf der Spionage für ein feindliches Land sowie 2003 wegen der versuchten Entführung eines IDF-Soldaten nach Syrien verhaftet. Diese sporadischen Aktionen wurden mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien weniger, haben aber nicht aufgehört.

Die Beziehungen der Golan-Drusen zu den israelischen Drusen sind als distanziert zu bezeichnen, was sich besonders augenfällig darin ausdrückt, dass nur wenig untereinander geheiratet wird. Dieser Umstand sagt einiges über das schlechte Verhältnis der beiden Gemeinschaften aus, wenn man die traditionelle Endogamie der Drusen und die geringe Größe beider Gemeinschaften in Betracht zieht. Auf politischer Ebene werden Kontakte mit drusisch-israelischen Vertretern weitgehend vermieden, ansonsten haben die Golan-Drusen ihre eigene religiöse und politische Führung. Ein Austausch findet manchmal im Rahmen von Festen und religiösen Zeremonien statt.

Da der Staat Israel nur sehr wenig in Infrastruktur und Bildung für die Golan-Drusen investiert, werden solche Investitionen in Eigeninitiative finanziert und durchgeführt. Besonders indigene NGOs sind in diesem Bereich federführend. Wie groß das Ausmaß dieses Engagements im Bildungsbereich ist, lässt sich sehr gut im Vergleich mit den israelischen Drusen erkennen, wo das Bildungsniveau und die Qualität der Schulen lange als deutlich niedriger gegolten haben als auf dem Golan. Erst in den letzten Jahren hat das israelisch-drusische Bildungssystem in nationalen Vergleich aufgeholt. Die Errungenschaften der Golan-Drusen im Bildungsbereich, aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht, werden von ihren Glaubensbrüdern in Israel oft mit einer gewissen Bewunderung zur Kenntnis genommen.

Neue Rahmenbedingungen seit 2011

Die Zukunft des Golan blieb lange ungewiss; seit 1991 verhandelten Israel und Syrien immer wieder – letztlich erfolglos – über ein Friedensbekommen. Um die Jahrtausendwende schienen die Verhandlungen sogar kurz vor dem Durchbruch zu stehen und scheiterten der Legende nach an einigen Duzend Metern. Drusen spielen hierbei kaum eine Rolle, weder auf israelischer noch auf syrischer Seite. Mit dem Bürgerkrieg in Syrien ab 2011 hat sich die Situation grundlegend verändert. Zunächst rückte durch das Chaos in Syrien ein Friede mit Israel und eine Rückkehr der drusischen Dörfer unter syrische Kontrolle in weite Ferne. Diese Perspektive veranlasste die Regierung Netanyahu ein großes Infrastrukturpaket für die drusischen Dörfer anzukündigen und Naftalli Bennett, Chef der nationalreligiösen Partei, rief die Golan-Drusen via Facebook sogar dazu auf, sich endlich für ein Zusammenleben mit den Israelis auszusprechen, denn „die Golanhöhen würden für immer israelisch bleiben“.

Auf der anderen Seite wird der Austausch mit der Heimat in Syrien, der schon seit den späten 1970er Jahren von den israelischen Behörden eingeschränkt geduldet wurde, immer schwieriger aufrechtzuerhalten. Die Pufferzone zwischen dem syrisch und dem israelisch kontrollierten Teil ist schon seit mehreren Jahren Kriegsgebiet und der von UNO-Friedenstruppen administrierte Grenzübergang in Qunaitra geschlossen. Für die Golan-Drusen ist es unter diesen Umständen weder möglich, ihre Apfelernte zu exportieren, noch in Damaskus zu studieren.

Vor diesem Hintergrund gibt es ein Ansteigen der Anträge auf eine israelische Staatsbürgerschaft unter den Golan-Drusen. Obwohl es kaum belastbare Zahlen gibt und die Anträge in israelischen Medien gerne überbewertet werden, scheint das Tabu einer israelischen Staatsbürgerschaft doch zu bröckeln. Vermutlich signifikanter als eine unbestimmte Anzahl von Anträgen auf die israelische Staatsbürgerschaft, ist die Tatsache, dass es erstmals seit Jahrzehnten Kontakt zwischen der religiösen Führung der Golan-Drusen und Vertretern der israelischen Regierung gab. Bisher waren die Sheikhs, unter ihnen Taher Abu Saleh, der Sohn von Kamal al-Kanj, die Garanten einer Ablehnung Israels gewesen. Es ist zu früh von einem Paradigmenwechsel der Golan-Drusen gegenüber Israel zu sprechen, obwohl es einige Anzeichen gibt, die für eine Dynamik hin zu einer vorsichtigen Annäherung an Israel sprechen.

Der Bürgerkrieg bedroht aber auch den Zusammenhalt der Gemeinschaft der Golan-Drusen, bisher wohl die größte Stärke der Gemeinschaft im latenten Konflikt mit der Besatzungsmacht. Während die Mehrheit, wie die syrischen Drusen im Allgemeinen, das Regime unterstützt, gibt es durchaus auch Segmente, die mit dem ursprünglichen Aufstand gegen die Diktatur sympathisieren. Dieser Gegensatz hat sogar zu gewaltsamen Ausschreitungen geführt, wobei zu den Gegnern Assads besonders junge Menschen gehören, die von der Brutalität des Regimes schockiert waren.

Ob sich die Golan-Drusen mehrheitlich dauerhaft an Israel annähern werden bleibt fraglich. Zu stark ist nach wie vor die Unterstützung für das Regime und die Tradition des Widerstandes gegen die Besatzung. Hinzu kommen die „üblichen“ Probleme wie Landenteignungen durch die Schaffung von Naturschutzgebieten oder das Verwehren von Baubewilligungen und der Abriss von „illegalen“ Häusern. Auch Israels Rolle im syrischen Bürgerkrieg birgt Konfliktpotential.  Diskret aber doch ganz offensichtlich unterstützt die israelische Regierung die teilweise  von al-Qa‘ida dominierten Rebellen entlang der Waffenstillstandslinie. Die drusischen Dörfer auf syrischer Seite sind hingegen regimetreue Enklaven und werden von denselben Rebellen bedroht. Dazu kommen noch Versuche des Assad-Regimes mit der Unterstützung von Iran und Hizballah, unter den Drusen auf der syrisch kontrollierten Seite Zellen für militärische Aktionen gegen israelische Ziele entlang der Waffenstillstandslinie aufzubauen, wobei die meisten dieser Akteure, der bekannteste hiervon war der Libanese Samir Quntar, unterdessen durch israelische Luftangriffe gestorben sind.

Es gibt also viele Hindernisse für eine Annäherung der Golan-Drusen an Israel, dennoch ist es unbestreitbar, dass sich durch den Bürgerkrieg in Syrien die Grundlagen des Verhältnisses der Golan-Drusen zu Israel fundamental verändert haben. Das zukünftige Verhältnis der Golan-Drusen zu Israel bleibt freilich ungewiss und wird vom weiteren Kriegsverlauf in Syrien abhängen.






[1] Die Drusen sind eine heterodoxe religiöse Minderheit, die sich im 11. Jahrhundert vom ismailitischen Islam abgespalten hat. Um sich vor Verfolgung zu schützen siedelten sie in den gebirgigen und peripheren Gegenden der historischen Region Großsyrien. Heute leben sie in den Staaten Syrien (nach Schätzungen bis zu 500.000), Libanon (geschätzt 250.000), Israel (Ende 2016 137.000 mit den Golan-Drusen), zu einem kleinen Teil in Jordanien sowie in der Diaspora.
[2] Nach dem offiziellen Zensus von 2004 hatte die Provinz Suwaida eine Bevölkerung von 313.231, wobei diese Zahl aufgrund des Bevölkerungswachstums unterdessen weitaus höher liegen dürfte. In der Literatur wird für die Provinz Suwaida zumeist von einem Anteil der Drusen von bis zu 90% an den Einwohnern ausgegangen.

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