(K)ein politischer Besuch: Der maronitische Patriarch in Israel
von Tobias Lang, Alsharq
von Tobias Lang, Alsharq
Die Reise des Oberhaupts der größten libanesischen Kirche nach Israel stellte auf vielen Ebenen einen Tabubruch dar. Die Hisbollah warf Patriarch Bischara al-Ra’i vor, die Beziehungen mit dem südlichen Nachbarn zu normalisieren und ehemalige Kämpfer der Südlibanesischen Armee getroffen zu haben. Politisch brisant war der Besuch zudem, weil Israel die „Entarabisierung“ der christlichen Bevölkerung zuletzt forcierte. Von Tobias Lang
An Patriarch al-Ra‘is Reiseplänen im Rahmen des Papstbesuchs hatten besonders linke und Hisbollah-nahe Medien heftige Kritik geübt. Die Hisbollah selbst versuchte noch, den Patriarchen von seiner Reise abzubringen – ohne Erfolg. Al-Ra‘i hat sich schon häufig als stur und beratungsresistent erwiesen: Kurz nach seinem Amtsantritt etwa hatte er durch eine Reise nach Damaskus mit der anti-syrischen Linie seines Vorgängers gebrochen und somit den anti-syrischen Teil der libanesischen Christen gegen sich aufgebracht. Die Kritik von christlicher Seite an der geplanten Reise nach Israel war im Libanon dagegen sehr verhalten, vermutlich auch, weil ihnen eine eingehende Auseinandersetzung mit dem maronitisch-zionistischen Verhältnis hochgradig unangenehm wäre.
Die Idee einer zionistisch-maronitischen Minderheitenallianz
Schon lange vor der Gründung des Staates Israel hatten zionistische Aktivisten die Maroniten als potenzielle Verbündete im Rahmen einer regionalen Minderheitenallianz ausgemacht. Gleichzeitig hatte auch manche Maroniten die Zionisten als nützlich bei der Verwirklichung eines explizit christlichen Libanon betrachtet. Neben Politikern, die einen anti-arabischen und christlich-isolationistischen Kurs verfolgten, waren bis 1948 besonders die höchsten Repräsentanten der maronitischen Kirche die wichtigsten Ansprechpartner für zionistische Aktivisten. Vertreter der maronitischen Kirche und der Jewish Agency unterzeichneten sogar 1946 einen Vertrag, in dem sie die gegenseitigen Ansprüche auf ein jüdisches Heimatland in Palästina und ein christliches Heimatland im Libanon anerkannten. Doch nach 1948 kam es anders: Durch die israelische Staatsgründung und der libanesischen Beteiligung am ersten arabisch-israelischen Krieg wurden Kontakte mit Israel zu einem Tabu. Ignatius Mubarak, der Erzbischof von Beirut und stärkster öffentlicher Unterstützer Israels im Libanon, wurde von seinem Amt entfernt und die Kontakte zwischen Kirche und Zionisten möglichst schnell vergessen gemacht.Weiter gehts auf Alsharq.de
Während des Libanesischen Bürgerkrieges stützte sich Israel daher besonders auf zwei Verbündete: die Phalange-Partei, die zeitweise sogar ein Büro in Jerusalem unterhielt, sowie die Südlibanesische Armee. So war die Idee, ein Israel-freundliches maronitisches Regime zu etablieren, 1982 einer der Hauptgründe für die israelische Invasion in den Libanon. Obwohl es Israel zunächst gelang, die Wahl des phalangistischen Milizenchefs Baschir Gemayel zum Staatspräsidenten durchzusetzen, stellt diese Episode jedoch auch den Anfang vom Ende der maronitisch-israelischen Beziehungen dar....
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